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Die Praxis eines Scrum Masters: Dein Leitfaden mit 4 Reflektionsfragen

January 25, 2024

Vor einigen Tagen sah ich eine Dokumentation über die Ausbildung zum Koch.

Ein Team des WDR begleitete drei Jungköche am Tag ihrer Gesellenprüfung. In dieser Prüfung wurden unterschiedliche Fähigkeiten getestet: die Arbeit mit Messern, verschiedene Kochtechniken und dergleichen. Die Köche mussten ihr tiefgehendes Wissen über Geschmack und Zutaten demonstrieren. Sie sollten wissen, wie verschiedene Kombinationen aus Salz, Zucker und Fett unterschiedliche Geschmackserfahrungen hervorrufen und wie diverse Kochtechniken bestimmte Zutaten betonen. Mit nur wenigen vorgegebenen Zutaten mussten die Köche in drei Stunden ein Dreigangmenü planen, zubereiten und servieren. Sie mussten zudem beweisen, dass sie flexibel reagieren können, z. B. als die bayerische Creme nicht fest wurde, sondern sich eine geleeartige Schicht am Boden bildete.

All das definiert die Praxis eines Kochs.

Mit „Praxis“ meine ich die Einstellungen, Fähigkeiten, Denkgewohnheiten und das Wissen des Praktikers.

Nach der Dokumentation fragte ich mich:

Was kennzeichnet die Praxis eines Scrum Masters?

Seit ungefähr 10 Jahren arbeite ich mit Scrum.

Nach einer kurzen Zeit als Entwickler in einem Scrum Team wurde ich bald Product Owner für mehrere Teams und später Scrum Master für diverse Softwareentwicklungsteams. Mittlerweile bilde ich auch Scrum Master in Schulungen aus. Über die Jahre hat sich die Arbeit nach Scrum in mein Bewusstsein eingeprägt. Dies sollte das Ziel eines jeden Scrum Masters sein. Wenn du mit einer schwierigen Situation im Team konfrontiert wirst, sollte deine „Praxis“ dich intuitiv leiten, um dem Team zu helfen.

Um diese Praxis wirklich zu verinnerlichen, ist es hilfreich, sie bewusst zu reflektieren.

Benutze dazu diese vier Fragen:

  • Einstellungen: Was glaubt und wertschätzt ein Scrum Master bei seiner Arbeit?
  • Fähigkeiten: Was kann ein Scrum Master tun?
  • Denkgewohnheiten: Wie denkt ein Scrum Master?
  • Wissen: Was weiß ein Scrum Master?

Im Folgenden beantworte ich diese Fragen basierend auf meinen Erfahrungen der letzten 10 Jahre.

Einstellungen: Was glaubt und wertschätzt ein Scrum Master bei seiner Arbeit?

Scrum Master vertrauen auf Empirie.

Sie misstrauen Prognosen, Strategien und Plänen. Sie sind überzeugt davon, dass das Team eine gute Entscheidung trifft, wenn die aktuelle Situation transparent ist. Sollte diese Entscheidung jedoch ein Fehltritt sein, kann sie spätestens im nächsten Sprint Review korrigiert werden. Um den Herausforderungen in der Produktentwicklung zu begegnen, schätzen sie Teamarbeit. Sie schätzen Teammitglieder, die ihre Fähigkeiten und Kenntnisse mit anderen teilen und bereit sind, Neues zu lernen.

Sie sind überzeugt, dass Menschen täglich ihr Bestes geben.

Fertigkeiten: Was kann ein Scrum Master tun?

Um die Fähigkeiten eines Scrum Masters zu verstehen, müssen wir unseren Blick weiten:

Tun wir das, erkennen wir, dass ein Scrum Master Scrum gemäß dem Scrum Guide einführen kann. Er kann alle dabei unterstützen, sowohl die Scrum Theorie als auch die Praxis zu verstehen – und das nicht nur innerhalb des Scrum Teams, sondern auch im gesamten Unternehmen.

Wenn wir den Blick noch mehr weiten, erkennen wir, dass ein Scrum Master die Fähigkeit besitzt, Veränderungen herbeizuführen.

Es beginnt mit der Arbeit im Team, gefolgt von der Kooperation zwischen Teams. Später kommt der Austausch zwischen Teams und Abteilungen hinzu und schließlich die Zusammenarbeit im gesamten Unternehmen. Diese Fähigkeit macht Scrum Master zu wahren Führungspersönlichkeiten im Unternehmen. Ganz gleich, wie wir es bezeichnen – ob als Leadership, Führung, Vorbildfunktion oder Management –, am Ende geht es immer um die Veränderung des Unternehmens.

Das ist es, was Scrum Master tun.

Zoomen wir wieder näher heran, erkennen wir spezifische Fertigkeiten, die Scrum Master mitbringen:

  • Sie moderieren Gruppen, um Ergebnisse zu erzielen und alle einzubeziehen.
  • Scrum Master unterstützen Menschen bei Veränderungen. Durch Gespräche überwinden sie Vorbehalte und motivieren zur Veränderung.
  • Sie sorgen für Transparenz im Arbeitsprozess und reduzieren so Risiken in der Produktentwicklung.

Denkgewohnheiten: Wie denkt ein Scrum Master?

Scrum Teams sind keine Maschinen.

Der Ansatz eines Mechanikers, einen Defekt rational zu analysieren und dann zu reparieren, damit alles wieder wie zuvor funktioniert, ist bei Teams nicht zielführend.

Teams bestehen aus Menschen. Intelligente Wesen mit eigener Identität und freiem Willen. Diese Eigenschaften machen Menschen und somit Teams hochgradig unvorhersehbar. Ein Scrum Master sieht sein Team nicht als Maschine. Er denkt bei Teams vielmehr an Arbeits-, Team- und Unternehmenskultur. Sie ist lebendig, nicht replizierbar und schwer vorherzusagen.

Wissen: Was weiß ein Scrum Master?

Das Wissen rund um Scrum hat viele Facetten.

Es beginnt mit:

  • dem Wissen über Scrum. Dies umfasst alle Elemente des Scrum Rahmenwerks sowie Methoden zu dessen Einführung und Umsetzung.
  • dem Wissen über die Situation, in der Scrum angewendet wird. Hier geht es um den Kontext: In welcher Lage befindet sich das Scrum Team? Welches Produkt entwickelt das Team? Und so weiter.

Das Verständnis von Scrum und dem Kontext seiner Anwendung ist nur der Anfang. Ich glaube, Wissen kennt keine Grenzen und wird allein durch fehlende Neugier beschränkt.

Weitere Wissensbereiche sind:

  • Wissen über Veränderungsprozesse, Teamdynamiken und menschliche Psychologie,
  • Wissen über Softwareentwicklung,
  • Wissen über Projekt- und Produktmanagement.

Wissen entsteht durch eine Kombination aus Lernen, Erfahrung und Reflexion. Vieles von dem, was ich über Scrum weiß, habe ich aus meinen eigenen Erfahrungen, durch Beobachtungen anderer Scrum Master und das Lehren von Scrum gewonnen.


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