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3 Gruppenphänomene, die deinen Erfolg als Führungskraft torpedieren

January 1, 2024

Was zeichnet erfolgreiche Führungskräfte aus?

Kürzlich wurde Tim Cook gefragt, was seinen Führungsstil auszeichne. In einem der wenigen Interviews, die er gibt, antwortete er Journalistin Dua Lipa in der BBC (frei übersetzt):

„Ich bin eine Führungskraft, die an Zusammenarbeit glaubt. Erst die Kombination unserer Ideen erzeugt eine großartige Idee. Eine Idee, die keiner von uns allein gefunden hätte. Können wir Ideen in Gruppen erzeugen, dann werden unsere Ideen von exponentieller Größenordnung sein. Und es ist unfassbar, was wir mit ihnen erschaffen können, ob es darum geht, Produkte zu erstellen oder Marketing zu betreiben. Deshalb ist mein Führungsstil, dass jeder in dieser Art und Weise zusammenarbeitet.“

Tim Cook ist zweifelsohne eine der erfolgreichsten Führungskräfte unserer Zeit. Seit er 2011 die Leitung von Apple übernommen hat, ist der Wert von Apple um 90 % gestiegen. Mittlerweile ist Apple das wertvollste Unternehmen der Welt mit einem Wert von 3 Billionen US-Doller, was vergleichbar mit dem Bruttoinlandsprodukt von Frankreich ist.

Für Tim Cook bedeutet Führen, aus Eins und Eins Drei zu machen. Wenn du, wie Tim Cook, danach strebst, Zusammenarbeit zu ermöglichen, damit neue Ideen entstehen können, dann solltest du drei Phänomenen Beachtung schenken. Sie treten in Gruppen auf und hindern dich daran, dass dein Team großartige Ideen produziert.

Schauen wir uns diese Phänomene eines nach dem anderen an:

Phänomen 1: Herdenverhalten

Frustriert es dich, wenn sich die Mitglieder deines Teams nicht an der Diskussion beteiligen?

Im Jahr 1985 führten die Psychologen Garold Stasser von der Universität Miami und William Titus vom Briar Cliff College ein Experiment durch. Zwei Gruppen zu je vier Personen mussten entscheiden, welcher von drei Kandidaten am besten für das Amt des Studentenschaftspräsidenten geeignet war. Die Forscher erstellten Dossiers, die die positiven und negativen Eigenschaften der einzelnen Kandidaten enthielten. Auf dieser Grundlage war Kandidat A der Geeignetste für dieses Amt.

In der ersten Gruppe lasen alle Mitglieder das Dossier im Voraus, gaben ihre persönliche Präferenz an und wählten dann in einer Abstimmung als Gruppe Kandidat A.

In der zweiten Gruppe waren die Dossiers für die Mitglieder unvollständig. Sie enthielten einige gemeinsame Informationen über jeden Kandidaten, aber die restlichen Informationen aus den Profilen waren über verschiedene Dossiers verstreut. Aufgrund der Verteilung der positiven und negativen Informationen in den Dossiers gaben die meisten Mitglieder vor der Abstimmung Kandidat A nicht den Vorzug. Obwohl die Mitglieder dieser Gruppe in der Abstimmung wussten, dass ihre Dossiers nicht alle Informationen enthielten, stellte sich in der Gruppendiskussion schnell ein Konsens ein.

Und dann geschah etwas Unerwartetes:

Sobald die Mitglieder der Gruppe sahen, dass sich ein Konsens bildete, wurde es zunehmend unwahrscheinlicher, dass Mitglieder mit abweichenden Informationen (negativ über den Konsenskandidaten oder positiv über die nicht bevorzugten Kandidaten) diese Informationen weitergaben. Anders als in den Gruppen mit vollständiger Information, in denen Kandidat A gewählt wurde, wählten diese Gruppen fast immer einen der anderen Kandidaten.

Nochmal mit anderen Worten:

Obwohl die Gruppe über alle Informationen verfügte, um festzustellen, dass Kandidat A der Beste ist, gaben die Mitglieder der Gruppe diese Informationen nicht weiter und entschieden sich in der Regel für einen weniger günstigen Kandidaten.

Wenn du frustriert darüber bist, dass Mitglieder deines Teams sich nicht an der Diskussion beteiligen, dann solltest du dich fragen, wie weit die Diskussion von einem Konsens entfernt ist. Gibt es bereits einen Konsens, dann stehen die Chancen gut, dass deine Teammitglieder nichts anderes tun können, als sich zu enthalten.

Das Problem hierbei:

Die Gruppe sollte diese unterschiedlichen Perspektiven hören, wenn es darum geht, aus Eins und Eins Drei zu machen. Denn in der Verbindung unterschiedlicher oder kontroverser Standpunkte liegt das Potenzial einer innovativen Idee. Du löst dieses Problem, indem du jedem Teammitglied die Möglichkeit gibst, seine Idee unabhängig zu formulieren.

Eine Technik, die sich hierfür bewährt hat, ist 1-2-4-All. Mehr dazu kannst du in diesem Artikel nachlesen.

Phänomen 2: Heiligenschein-Effekt

Was passiert, wenn Marie Curie Teil des Teams ist?

Sollten nicht ihre Ideen stärkere Beachtung finden? Ja, es wird Situationen geben, in denen Maries Meinung mehr Gewicht haben sollte als die der anderen, insbesondere wenn die Gruppe über Chemie spricht. In allen anderen Situationen ist es jedoch besser, wenn die Ideengeber anonym bleiben.

Menschen fällt es schwer, Teammitgliedern, die über mehr Fachwissen oder mehr Autorität verfügen, öffentlich in Meetings zu widersprechen, egal ob es sich um Marie oder den Abteilungsleiter handelt.

Dieses Phänomen ist als der Heiligenschein-Effekt bekannt.

Es wurde 1961 vom Psychologen Stanley Milgram in einem Experiment nachgewiesen. Im Experiment wurden Versuchspersonen angehalten, einer anderen Person, die jenseits einer Glasscheibe saß, immer stärkere Stromstöße zu verpassen, angefangen mit 15 Volt, dann 30 Volt, 45 Volt und so weiter – bis hin zu fast tödlichen 450 Volt. Selbst als die malträtierte Person vor Schmerzen schrie und zitterte (es floss kein Strom, es war ein Schauspieler) und die Versuchsperson das Experiment abbrechen wollte, sagte Professor Milgram ruhig: „Machen Sie weiter, das Experiment verlangt es so.“ Und die meisten machten weiter. Über die Hälfte aller Versuchspersonen ging auf die maximale Stromstärke hoch.

Warum haben sie das getan?

Aus reinem Autoritätsgehorsam.

Das Experiment zeigt, wie Menschen dazu neigen, Autoritätspersonen zu folgen oder den Meinungen von als Experten wahrgenommenen Personen mehr Gewicht zu geben. Sie halten daran fest, auch wenn dies im Widerspruch zu ihrem eigenen Urteilsvermögen oder moralischen Überzeugungen steht.

Willst du dem Heiligenschein-Effekt vorbeugen?

Dann solltest du nicht nur jedem Teammitglied die Möglichkeit geben, seine Idee unabhängig zu formulieren, sondern dies sollte auch anonym geschehen. So beugst du vor, dass manche Ideen frühzeitig verworfen werden, nur weil sie nicht vom vermeintlichen Experten im Team stammen.

Eine bekannte Technik, um Ideen zu anonymisieren und zu bewerten, ist 25/10 Crowd Sourcing. Marc und ich bringen sie im „Professional Scrum Master Advanced“-Training erfahrenen Scrum Mastern bei, damit sie ihre Teams unterstützen können, das Product Backlog gemeinsam mit den Stakeholdern zu sortieren, ohne dass HiPPO-Einträge bevorzugt werden.

Neben dem Zurückhalten von Teammitgliedern bei Meetings und dem Phänomen, dass Ideen von Experten fälschlicherweise ein zu großes Gewicht gegeben wird, gibt es noch ein weiteres Phänomen, welches den Erfolg von Führungskräften torpedieren kann:

Phänomen 3: Wunschdenken

Im Jahr 1994 wurden 37 Psychologiestudenten gebeten, zu schätzen, wie lange sie für die Fertigstellung ihrer Abschlussarbeiten bräuchten. Sie schätzten, dass sie im Durchschnitt 27,4 Tage benötigen würden, „wenn alles so gut liefe wie nur möglich“, und 48,6 Tage, „wenn alles so schlecht liefe wie nur möglich“.

Rate mal, wie viele Tage die Studenten tatsächlich benötigten?

Im Durchschnitt waren es 55,5 Tage, wobei nur 30 % der Studenten ihre Arbeit in der vorhergesagten Zeit fertigstellten.

Eine Erklärung, die auf den Psychologen Roger Buehler zurückgeht, ist Wunschdenken: Leute glauben, dass Aufgaben schnell und leicht fertiggestellt werden, weil sie wollen, dass dies der Fall ist. Wir ziehen beim Planen von Aufgaben nur das optimistischste Szenario heran, anstatt unsere Erfahrung zu nutzen, wie viel Zeit ähnliche Aufgaben benötigt haben. Jetzt, wo du diesen Effekt kennst, fallen dir bestimmt unzählige Beispiele ein, in denen du ihn bereits beobachtet hast. Das bekannteste ist wohl der Bau des Berliner Flughafens.

Nach 15 Jahren der Planung begann der Bau 2006 und sollte 2011 fertiggestellt werden. Tatsächlich wurde er erst im Jahr 2020 eröffnet.

Wie kannst du dafür sorgen, dass die Planung in deinem Team nicht zum nächsten Berliner Flughafen wird?

Wir müssen den Tod des Patienten – in dieser Situation der Berliner Flughafen – untersuchen und dessen Todesursache finden. In der Medizin ist dies als Obduktion bekannt. Wenn Unternehmen nach den Gründen für ein schlechtes Projektergebnis suchen, nennen wir es Post-Mortem. Das Ziel ist es, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Das Problem hierbei:

Der Patient ist bereits tot.

Deshalb rät der bekannte Psychologe Gary Klein dazu, eine Obduktion durchzuführen, bevor der Patient tot ist. Dabei nehmen wir an, der Patient sei gestorben, und suchen dann nach möglichen Todesursachen. In den Unternehmenskontext übersetzt, stellen wir uns vor, dass wir ein Ziel eines Projekts nicht erreicht haben. Von dem Standpunkt aus, dass wir gescheitert sind, blicken wir zurück in die Gegenwart und ermitteln die Gründe, warum dies geschehen sein könnte.

Ein Beispiel: Stelle dir vor, dein guter Vorsatz für das neue Jahr lautet, mehr Sport zu treiben und 5 Kilo abzunehmen. Dazu ist es dein Plan, in den nächsten sechs Monaten jeden Abend ins Fitnessstudio zu gehen. Stelle dir nun vor, es sind jetzt sechs Monate vergangen und du warst nur dreimal pro Monat im Fitnessstudio. Warum ist das so passiert?

Die Antworten auf diese Frage enthüllen mögliche Hindernisse, dein Ziel zu erreichen, denen du beim „Wunschdenken“ keine Beachtung geschenkt hast. Die Kenntnis über mögliche Hindernisse ermöglicht es, die Planung anzupassen und realistischer zu gestalten oder die Hindernisse im Vorfeld der Umsetzung bereits zu beseitigen.

Diese Technik nennen wir ein Prä-Mortem.

Nutzt du ähnliche Techniken, um negativen Phänomenen in Gruppen vorzubeugen?


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