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Coaching-Skills für Scrum Master: Machst du einen dieser 3 Coaching-Fehler?

October 13, 2025

Über 10 Jahre als Scrum Master haben mich eines gelehrt:

Teamerfolg zu sabotieren ist leichter, als ihn zu ermöglichen.

Deshalb schreibe ich in „Scrum Impulse“ häufig über Fehler, die Scrum Mastern (besonders mir) unterlaufen. Ich will dich warnen!

Heute geht es um Fehler beim Coaching.

Aber bevor wir zu den Fehlern kommen, erst eine Einordnung – was ist Coaching und was nicht?

Was unterscheidet Coaching von Therapie und Agilem Coaching?

Zu dieser Frage haben Marc und ich vor Kurzem einen Webcast für Scrum.org aufgezeichnet. Im Webcast erklärt es Marc – zertifizierter Professional Coach – so:

„Coaching konzentriert sich auf die Gegenwart und auf die Schritte, die wir in der Zukunft machen wollen. Therapie legt den Schwerpunkt auf psychische Erkrankungen und auf die Vergangenheit, um das Hier und Jetzt besser zu verstehen.“

Das Ziel von Coaching ist die persönliche Weiterentwicklung. Den Coachee beschäftigt eine Frage und er möchte, dass in der Zukunft etwas anders wird. Bei einer Therapie hingegen sucht der Patient nach einer Heilung oder nach Hilfe, Traumata zu verarbeiten. Auf der einen Seite besteht also eine klare Abgrenzung zwischen Coaching und Therapie. Auf der anderen Seite besteht auch eine klare Abgrenzung zum Agilen Coaching.

Betrachten wir hierzu als Beispiel einen Basketball-Coach.

Ein „Basketball-Coach“ ist eigentlich ein Mentor. Denn basierend auf seiner Erfahrung gibt er den Spielern Ratschläge und Tipps, wie sie (besser) spielen sollen. Insbesondere gibt er das Ziel vor, das die Mannschaft erreichen soll. Ein Coach hingegen ist inhaltlich absichtslos und konzentriert sich auf die Ziele, die der Coachee erreichen will. Darüber hinaus erfolgt Coaching auf  der Basis von Freiwilligkeit. Was beim „Basketball-Coach“ offensichtlich nicht gegeben ist: Die Spieler können sich ihren Coach nicht aussuchen und ihr Coach hat eine klare Absicht:

Er will gewinnen.

Und „Agile Coaching“ ist Mentoring, also eher mit der Arbeit eines „Basketball-Coaches“ zu vergleichen. Als Agile Coach oder Scrum Master bist du nicht absichtslos, du bist für das Erreichen eines bestimmten Ergebnisses eingestellt.

Somit bist du als Scrum Master oder Agile Coach weder ein Therapeut noch ein wirklicher Coach.

Allerdings kannst du bei deiner Arbeit auf bewährte Coaching-Ansätze und -Techniken zurückgreifen.

Was viele erfolgreiche Scrum Master machen. Viele dieser Werkzeuge sind sehr mächtig und somit können kleine Fehler große negative Auswirkungen auf dein Team haben. Das Team übernimmt keine Verantwortung für seine Arbeit, schreckt davor zurück, seine Arbeit selbst zu organisieren, oder traut sich nicht, Verbesserungen an seiner Arbeitsweise eigenmächtig vorzunehmen.

Davor möchte ich dich jetzt warnen:

Fehler #1: Du analysierst nur Probleme.

Wenn du dich auf das fokussierst, was schiefläuft, dann verliert sich dein Team im Negativen.

Damit werden die Probleme nur größer, Motivation und Orientierung fehlen. Ich weiß nicht mehr, in wie vielen Sprint-Retrospektiven das Team 75 Minuten über die Probleme gesprochen hat und die restlichen 15 Minuten dann nicht ausgereicht haben, eine Lösung zu finden – und all das nur, weil ich „Warum?“ gefragt habe.

Begehe deshalb nicht den gleichen Fehler und frage in die Vergangenheit. Wir sind nämlich keine Therapeuten. Richte stattdessen deine Fragen auf eine bessere Zukunft.

Hierbei kann dir das „Dialogic Orientation Quadrant“-Modell von Haesun Moon eine Hilfestellung sein:

Nach dem Warum zu fragen oder Fragen dieser Art zu stellen:

  • „Was lief diesmal wieder schief?“
  • „Was war das größte Problem?“
  • „Warum klappt das bei uns nie?“,

lenkt die Aufmerksamkeit deines Teams auf die Vergangenheit und auf unerfreuliche Ereignisse.

Nutze stattdessen diese Fragen:

Sie helfen deinem Team aus dem Jammertal.

Deshalb lautet ein wichtiges Prinzip im Coaching: „Fokus auf die bessere Zukunft“.

Nochmal zurück zum „Basketball-Coach“ oder „Agile Coach“. Hüte dich vor der Mentor-Falle:

Fehler #2: Du glaubst, die Lösung für dein Team schon zu kennen.

Als Mentor aufzutreten kann gefährlich sein.

Wenn wir glauben, die Lösung für die Probleme eines Teams zu kennen, übersehen wir schnell etwas. Marc hat hierfür ein schönes Beispiel. Was liest du hier in der ersten Zeile?

Etwa „A-B-C“ oder doch „A-13-C“? Und je nachdem, was du liest, wird dein Ratschlag ausfallen. Wir „sehen“, was wir erwarten, und nicht unbedingt, was objektiv da ist. Dieser Effekt geht auf Daniel Kahneman zurück.

Wenn du 23 Entwickler im Daily Scrum siehst, was erwartest du?

Meiner Erfahrung nach: Das Daily Scrum dauert ewig, das Team findet kein Sprintziel und jeder arbeitet nebeneinanderher, statt wie ein Team zusammen. Welche Ratschläge hätte ich für dieses Team? Ihr müsst euch aufteilen. Selbst der Scrum Guide warnt bereits davor. Dort steht nicht umsonst, dass Teams etwa 10 Personen umfassen sollten.

Ich sehe also „A-B-C“ und folgere daraus entsprechend meiner Erfahrung. Was wäre, wenn es aber „A-13-C“ ist? Jetzt will ich ehrlich mit dir sein: Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ein gutes Daily Scrum mit 23 Entwicklern aussehen kann, dass 23 Menschen an einem Ziel zusammenarbeiten und das Daily Scrum nicht ewig dauert.

Aber genau diese Haltung kann dazu führen, dass sich das Team bevormundet fühlt und keine eigenen Antworten auf seine Probleme findet.

Im Umkehrschluss kann es für das Team befreiend sein und viel Kreativität freisetzen, wenn wir als Scrum Master die Haltung des „Nicht-Wissenden“ einnehmen. Wenn wir Problemen im Team mit Neugier begegnen und, ohne vorschnelle Schlüsse zu ziehen.

Denn:

Jeder Mensch ist Experte für seine eigene Situation – nicht der Coach.

Fehler #3: Du übersiehst Ausnahmen.

Im Coaching gibt es eine Weisheit:

Auch Probleme machen mal Pause.

Deswegen sollten wir uns durch Antworten wie: „Das hat noch nie funktioniert“, nicht verunsichern lassen. Ich sehe es sogar als einen typischen Fehler an, eine solche Antwort blind zu akzeptieren.

Denn es ist doch so:

Kein Problem bleibt durchgehend gleich, es schwankt in seiner Intensität. Und deshalb gibt es fast immer Zeitpunkte, an denen es besser war.

Und wenn wir als Scrum Master in die Haltung eines Coaches schlüpfen wollen, dann gilt es, dem Team zu helfen, die Ausnahmen zu finden. Diese Momente können Hinweise auf funktionierende Lösungsansätze geben. Versteht das Team diese „Besser“-Phasen, kann es gezielt daran anknüpfen.

Und so entsteht ein konkreter Weg aus dem Problem, statt nur eine Problembeschreibung.

Bonus-Fehler: Du sprichst ständig über Probleme.

Diese Fehler, 

  • nur Probleme zu analysieren,
  • die Lösung bereits zu kennen und
  • Ausnahmen zu übersehen,

summieren sich zu einem größeren Fehler:

Du sprichst ständig über Probleme.

Und das kann eine riesige Auswirkung auf dein Team haben. Lass mich dir das an einem Beispiel veranschaulichen. Stellen wir uns vor, wir sitzen in der Abflughalle am Münchner Flughafen. Was kann alles schieflaufen? Ich denke sofort an: Verspätung, das Gepäck verschwindet und Sicherheitskontrollen. Hättest du jetzt Lust, in den Flieger zu steigen?

Nun stell dir vor, wir sitzen abermals am Flughafen. Aber diesmal denkst du an deine schönste Reise: Wo warst du? Was hast du erlebt? Wie hast du dich dabei gefühlt?

Die Erkenntnis: Wenn wir mit Sorgen, Angst, Frust oder Widerstand an eine Situation herangehen, hat dies Einfluss auf unser Gegenüber und den Verlauf des Gesprächs. Deshalb ist Problemsprache problematisch.

Sprache prägt Denken. Wer nur über das Problem redet, bleibt im Problem stecken.

Hand aufs Herz: Wie häufig nutzt du

  • „warum“ statt „wozu“,
  • „nicht“ oder „kein“ statt „was hättest du stattdessen?“,
  • „ja, aber“ statt „ja, und“ oder „ja, und gleichzeitig“, oder
  • „immer oder nie“ statt „derzeit (noch) nicht“?

Ähnlich wie unsere Situation am Flughafen haben diese Worte eine Wirkung. Betrachten wir etwa den Unterschied zwischen „warum“ und „wozu“:

  • „Warum“-Fragen richten den Blick häufig in die Vergangenheit. Sie lösen dann eine Rechtfertigung aus: „Warum habt ihr das so gemacht?“ – „Weil …“
  • „Wozu“-Fragen hingegen öffnen einen Raum für Zukunft und Sinn. Sie laden ein zur Reflexion: „Wozu machen wir das?“ – das schafft Lösungsraum.

Willst du als Scrum Master Coaching nutzen, um deinem Team zu helfen, sich zu verbessern und Verantwortung für seine Ergebnisse zu übernehmen?

Dann kannst du hierfür sprachliche Wendungen bewusst nutzen.

Das war der letzte Fehler für heute. Suchst du nach mehr Unterstützung?

Dann empfehle ich dir das „Professional Scrum Master – Advanced“-Training.

Dort hast du die Möglichkeit, gezielt an deinen Scrum-Master-Fähigkeiten zu arbeiten, und bekommst Feedback, damit dir diese 3 Fehler nicht mehr unterlaufen.

Mehr noch: Im Training mit Marc und mir lernst du,

  • wie du die Definition of Done nutzt, um Risiken in der Softwareentwicklung frühzeitig zu erkennen,
  • Strategien, die Product-Ownern in jeder erdenklichen Misslage helfen werden,
  • ein Vorgehen, mit dem du mit jedem Stakeholder Gespräche über Veränderung strukturiert durchführst,
  • mit welchen Metriken du den Erfolg deines Teams quantifizieren kannst,
  • und noch viel mehr.

Vielleicht bis bald,

Marc und ich freuen uns schon.


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