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Diese eine Methode verbessert jedes Meeting – nur fast niemand nutzt sie richtig

November 3, 2025

 

„Innovation unterscheidet zwischen einem Anführer und einem Mitläufer.“ – Steve Jobs

Es ist kein Geheimnis: Langfristiger Markterfolg erfordert fortlaufende Neuerungen. Und Steve Jobs bringt es schön auf den Punkt. Wobei Innovation nicht nur etwas für die R&D-, Marktforschungs- oder Vorentwicklungsabteilung sein sollte – es geht jeden etwas an.

Jeder Mitarbeiter, jedes Teammitglied hat gute Ideen.

Die Frage ist nur: Werden sie in Meetings auch zutage gefördert?

Typischerweise sammeln wir Ideen in Gruppengesprächen.

Das Team sitzt im Meeting, reihum bringt jeder seine Ideen vor und einer im Team tippt dabei mit.

Dieser Ansatz – auch bekannt als Brainstorming –, Meetings, Gruppendiskussionen, Problemlösungssessions, Workshops oder Ideenfindung zu strukturieren, fühlt sich natürlich an. Er ist mühelos.

Allerdings ist es nicht das beste Vorgehen.

Mit dieser Art des Brainstormings ergeben sich drei Probleme:

Problem 1: Die erste Idee ist selten die beste.

Was macht eine Idee zu einer guten Idee?

Wie gut eine Idee das betrachtete Problem löst, ist ein Faktor. Ein weiterer ausschlaggebender Faktor ist, wie neuartig die Idee ist. Im Jahr 1986 führten Min Basadur und Ron Thompson eine Studie an Führungskräften und Fachleuten aus einer Vielzahl von Organisationen durch und belegten damit, dass die originellsten Ideen eher gegen Ende einer Ideenfindung erzeugt werden. Was im Umkehrschluss bedeutet:

Die ersten Ideen beim Brainstormen sind selten die besten.

Problem 2: Weniger Ideen bedeuten schlechtere Ideen.

Besteht ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Ideen und der Qualität der Ideen?

Im Jahr 2011 untersuchte eine Studie Brainstorming mit vier verschiedenen Arten von Anweisungen: kein spezifischer Fokus, ein Mengenziel, ein Qualitätsziel und ein gemeinsames Mengen- und Qualitätsziel. Die Forschergruppe um Paul Paulus fand heraus, dass das Brainstorming mit einem Mengenziel den Brainstormings mit den anderen drei Zielen überlegen war, da es zur Generierung von mehr Ideen und mehr guten Ideen führte. Dieses überraschende Resultat noch einmal anders ausgedrückt:

Weniger Ideen bedeuten wahrscheinlich auch schlechtere Ideen.

Problem 3: Gruppen erzeugen schlechtere Ideen.

Viele glauben, dass Gruppen bessere Ideen generieren als Einzelpersonen.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Michael Diehl und Wolfgang Ströbe von der Universität Tübingen haben herausgefunden, dass

  • Einzelpersonen härter arbeiten,
  • Einzelpersonen in der Gruppe häufig ihre Ideen vergessen, da sie warten müssen, bis sie an der Reihe sind,
  • sich die Leistung der Gruppe tendenziell an die Leistung der schwächsten Mitglieder anpasst.

Das Verquere beim Brainstorming in Gruppen ist, dass die gemeinsamen Ideen die Gruppe beflügeln – und dies erweckt bei den Gruppenmitgliedern den Eindruck, weniger häufig festzustecken und deshalb weniger hart arbeiten zu müssen. Aber die Ergebnisse sind tendenziell schlechter.

Die Forscher um Bernard A. Nijstad bezeichnen dieses Phänomen als „die Illusion der Gruppenproduktivität“.

Wie sieht dann produktiveres Brainstorming aus? Eines, das die besten Ideen jedes Teammitglieds zutage fördert? Eines, das sich auch problemlos in jedem Meeting umsetzen lässt?

Dazu kommen wir jetzt:

Schritt 1: Erkläre die Regeln einer Brainstorming-Session

Als Erstes solltest du noch mal die Regeln für die Brainstorming-Session kurz wiederholen.

Ich verwende hierzu diese Regeln:

  • keine Bewertung (es gibt keine dummen Ideen),
  • jede Idee auf eine eigene Notiz (sonst lassen sie sich im Anschluss nicht gruppieren),
  • es spricht immer nur eine Person.

Schritt 2: Formuliere eine Frage

Um mit dem Brainstorming zu beginnen, wähle eine konkrete Herausforderung oder ein Problem und formuliere dazu eine Frage. Angenommen, du moderierst eine Sprint-Retrospektive und im aktuellen Sprint gab es viele Fehler und Bugs vom letzten Release.

Dann könnte die Frage lauten:

„Wie könnten wir dafür sorgen, dass weniger Fehler und Bugs auftreten?“

Schritt 3: Wechsle individuelles Brainstorming und Gruppen-Brainstorming ab

So geht’s:

  • Beginne die Brainstorming-Session, indem eine Runde lang individuelle Ideen aufgeschrieben werden. Dies sollte in Stille geschehen. Hiermit verhinderst du die Illusion der Gruppenproduktivität.
  • Dann bittest du die Teammitglieder, ihre Ideen reihum vorzustellen.
  • Dann startet die nächste Runde mit individuellen Ideen. Nun wieder vorstellen.

So wechseln sich individuelles Ideenaufschreiben und Vorstellen immer ab.

Aus meiner Erfahrung solltest du diesen Teil nach etwa 30 Minuten beenden oder dann, wenn 50 Ideen gesammelt wurden.

Mit diesen drei Schritten kannst du mühelos jedes Meeting in ein Ideenfeuerwerk verwandeln.

Allerdings möchte ich dir eine Sache nicht verschweigen: Wenn du jedes Meeting in deinem Team so gestaltest, wird es auf Dauer langweilig. Deshalb muss Abwechslung her.

Hier drei Möglichkeiten, mit denen ich Abwechslung reinbringe.

Abwechslung #1: 1-2-4-All

Wenn du meine Artikel schon etwas länger liest, dann weißt du, dass ich ein riesiger Fan der Liberating-Structure „1-2-4-All“ bin.

Damit lässt sich ein Schritt im Brainstorming-Prozess auflockern.

Hier noch mal die Schritte von „1-2-4-All“ im Detail:

  1. Individuelle Reflexion (1 Minute): Jeder nimmt sich eine Minute Zeit, um über die Frage oder das Thema nachzudenken. Das Nachdenken geschieht dabei in Stille. Dies ermöglicht es dem Einzelnen, seine Gedanken ohne äußere Einflüsse zu sammeln.
  2. Austausch in Paaren (2 Minuten): Die Teilnehmer der Gruppe bilden Paare, um sich gegenseitig ihre Erkenntnisse mitzuteilen. So wird ein sicherer Raum geschaffen, in dem jeder seine Ideen äußern kann.
  3. Austausch in Quartetten (4 Minuten): Die Paare schließen sich nun zu Vierergruppen zusammen, in denen sie ihre Ideen weiter diskutieren und verfeinern.
  4. Die gesamte Gruppe kommt zusammen (etwa 5 Minuten): Jedes Quartett teilt seine wichtigsten Erkenntnisse und Entdeckungen mit der ganzen Gruppe.

So, und jetzt kommst du:

Wir beginnen wieder mit Schritt 1 von „1-2-4-All“ und machen „1-2-4-All“ noch einmal. Damit wechseln wir auf verrückte Art individuelles Brainstorming und Gruppen-Brainstorming ab. Lass dich beim Moderieren nicht von Rückmeldungen wie: „Machen wir das jetzt nochmal?“, irritieren. Erst mal ist das Vorgehen ungewohnt, die Ergebnisse aber ungeahnt.

Abwechslung #2: Karussell

Das Wort „Karussell“ sagt es bereits:

Bei dieser Aktivität gibt dein Team Antworten auf unterschiedliche Fragen oder Themen, während es sich durch den Raum dreht. Die Fragen hängen an unterschiedlichen Stationen aus. Diese Methode eignet sich sehr bei großen Gruppen.

Pro Frage bildest du Gruppen von 2 bis 5 Personen.

Dann beginnt das Brainstorming in Runden:

  • Runde 1: Sobald alle bereit sind, startest du mit individuellem Brainstorming. Jeder bekommt mindestens 3 Minuten, um über die Frage nachzudenken und seine Antwort zu notieren. Dann folgen 5 – 10 Minuten, in denen jeder in der Gruppe seine Ideen vorstellen kann. Die Notizen verbleiben bei der Frage.
  • Runde 2: Nun bewegen sich die Gruppen im Uhrzeigersinn weiter zur nächsten Station. Sie lesen die vorhandenen Notizen (ca. 3 Minuten), schreiben neue eigene Antworten (ca. 3 Minuten) und diskutieren wieder gemeinsam (5 – 10 Minuten).

Und so weiter.

Neben 1-2-4-All und dem Karussell gibt es noch eine weitere Möglichkeit, das Brainstorming quasi auf den Kopf zu stellen.

Abwechslung #3: TRIZ

TRIZ ist ein russisches Akronym und heißt so viel wie: „Theorie des erfinderischen Problemlösens“.

Die Idee dahinter wird manchmal auch „Kopfstand-Methode“ genannt. Es geht darum, das Worst-Case-Szenario zu entwerfen und dann durch kritische Selbstreflexion Verbesserungen zu finden, damit es nicht zu diesem Szenario kommt.

Dies geschieht in drei Schritten:

  • Stelle zuerst die Frage, was alles getan werden könnte, um ein wichtiges Ziel nicht zu erreichen.
  • Im zweiten Schritt fragst du, was wir davon schon tun oder wie wir unsere Arbeit bereits sabotieren.
  • Im letzten Schritt werden Gegenmaßnahmen gesucht, mit denen diese kontraproduktiven Verhaltensweisen gestoppt werden können.

TRIZ lässt sich wunderbar mit Brainstorming verbinden, indem du einfach drei Runden Brainstorming zu den drei Fragen aus TRIZ durchführst.

Jetzt kennst du die Methode und viele Variationen, mit denen du jedes Meeting verbessern kannst.

Viel Spaß beim Ausprobieren.

Suchst du nach weiteren Methoden und Ansätzen, wie du Meetings (speziell in Scrum Teams) verbessern kannst?

Dann empfehle ich dir den Besuch des „Professional Scrum Facilitation Skills“-Trainings.

Dort lernst du mit Gleichgesinnten,

  • wie du Meetings so gestaltest, dass alle mitreden – nicht nur die Lautesten,
  • wie du Konflikte klärst, ohne Partei zu ergreifen,
  • wie du als Facilitator mit schwierigen Personen und Situationen umgehst,
  • mit welchen Formaten du Entscheidungen im Team herbeiführst, die auch jeder gerne umsetzt,
  • und noch viel mehr.

Bis dahin ... Scrum on.


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