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Schwierige Teamdynamik? Mit diesen 5 Modellen durchschaust du sofort Konflikte, Blockaden und Ideenarmut

May 13, 2025

Jeder Scrum Master kennt diese Probleme:

Im Refinement erzeugt das Team in einer Stunde nur eine Lösungsidee. Beim Sprint Planning stehen die Entwickler nicht hinter dem Sprint-Ziel. Im Sprint Review dreht sich die Diskussion mit den Stakeholdern schon seit Ewigkeiten um die gleiche User Story. In der Retrospektive lehnt der Product Owner den Verbesserungsvorschlag ab.

Nur einzelne Personen zu betrachten, wird dich dabei in die Irre führen. Teams sind keine Maschinen. Deshalb lässt der Zustand der Einzelteile häufig keine Rückschlüsse auf das Gesamtsystem zu. Möchtest du deinem Team in diesen Situationen helfen, solltest du damit beginnen, die Dynamik im Team besser zu verstehen.

Im Folgenden findest du 5 Modelle, die dir dabei helfen:

Modell 1: Die Illusion von Gruppenproduktivität

Erzeugst du in einem Team mehr Ideen oder allein?

Die meisten von uns würden wohl „im Team“ antworten. Leider ist dies nur eine Illusion.

Wenn Personen als Team Ideen erzeugen, scheint eine Idee mühelos auf die nächste zu folgen. Die Forscher um Bernard A. Nijstad bezeichnen dieses Phänomen als „die Illusion der Gruppenproduktivität“. Brainstorming in Teams fühlt sich produktiver an, jedoch werden weniger Ideen erzeugt als von einzelnen Personen. Wenn Teammitgliedern nichts mehr einfällt, müssen sie sich nicht den Kopf zerbrechen. Stattdessen kann ein anderes Mitglied des Teams einspringen und sie können auf diese neue Idee aufbauen. Das Ergebnis: Am Ende einer Team-Brainstorming-Session entstehen nicht so viele Ideen wie bei einer Ideenfindung durch jedes einzelne Teammitglied.

Und das ist ein Problem.

Im Jahr 2011 hat ein Forscherteam um Paul Paulus nachgewiesen, dass die Erzeugung von mehr Ideen zu besseren Ideen im Brainstorming führt. Anders ausgedrückt: Weniger Ideen bedeuten ein schlechteres Ergebnis.

Somit ist Brainstorming im Team nur eine Illusion von Produktivität und führt in Wahrheit zu schlechteren Ergebnissen.

Das Modell „Die Illusion von Gruppenproduktivität“ hilft dir zu verstehen, warum Brainstorming in Meetings nicht unbedingt die beste Option ist, um gute Ideen zu fördern.

Modell 2: Groan Zone

Als erfahrener Scrum Master kennst du bestimmt diese Aussagen aus den Scrum Events:

  • „Wir verschwenden unsere Zeit hier.“
  • „Wir drehen uns im Kreis!“
  • „Ich dachte, wir wären uns einig, dass wir beim Thema bleiben wollen.“
  • „Wir benötigen bessere Meeting-Regeln.“
  • „Versteht noch jemand, was hier eigentlich los ist?“

Diese Aussagen sind ein Zeichen dafür, dass sich die Diskussion im Kreis dreht. Zwischen den Teammitgliedern scheint es zu knirschen. Die Diskussion steckt in der Groan Zone fest.

Mit der Groan Zone beschreibt Sam Kaner die mittlere Phase eines Meetings. Dort stehen bereits viele Lösungsansätze zur Diskussion, die Gruppe schafft es allerdings nicht, zu einer Entscheidung zu kommen, welcher Lösungsansatz weiterverfolgt werden soll. Der Grund dafür ist, dass sich ein Teil der Gruppe in der Anfangsphase eines Meetings befindet, während der andere Teil bereits in der Endphase des Meetings ist.

  • Die Anfangsphase: Hier werden von den Teammitgliedern Alternativen generiert, verschiedene Perspektiven gesammelt und es wird frei diskutiert.
  • Die Endphase: Hier werden die Alternativen bewertet, wichtige Punkte zusammengefasst, Ideen sortiert oder kategorisiert und Lösungen beurteilt.

Der Übergang zwischen Anfangsphase und Endphase ist hier unausweichlich, wenn das Team zu einer Entscheidung kommen will. Das Modell der Groan Zone hilft dir zu sehen, in welcher Phase der Diskussion sich die Gruppe befindet.

Modell 3: Die Formel für effektive Entscheidungen

Was bedeutet, dass eine Entscheidung effektiv ist?

Dank der Arbeit von Dr. Robert Zawacki an der University of Colorado kannst du die Effektivität einer Entscheidung mathematisch ausdrücken:

Effektive Entscheidung = Die richtige Entscheidung x Commitment zur Entscheidung

Mit dem Multiplikationszeichen in der Formel bringt Dr. Zawacki zum Ausdruck, dass selbst die beste Entscheidung völlig unwirksam werden kann, wenn das Commitment für den Beschluss nicht vorhanden ist. Eltern kennen dieses Multiplikationszeichen nur allzu gut. Sie können beschließen, dass es eine gute Idee ist, das Kinderzimmer aufzuräumen. Wahrscheinlich bringen sie ihre Kinder auch dazu, „Ja“ zu sagen. Ob das Zimmer wirklich aufgeräumt wird, ist jedoch fraglich. Das Commitment zu dieser Entscheidung ist eher schwach. Die richtige Entscheidung, das Kinderzimmer aufzuräumen, kann sich also dennoch als wirkungslos entpuppen. Sie ist ein Beispiel für eine ineffektive Entscheidung.

Diese Formel liefert dir ein Modell, um die Effektivität von Entscheidungen zu prüfen, die dein Team trifft.

Modell 4: Haus der Veränderung

Agilität bedeutet, Veränderung als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Allerdings bedeutet das auch, dass sich die Teammitglieder ständig verändern müssen.

Dieser notwendige Wandel trifft immer auf Widerstand.

Im Jahr 2005 stellte Claes Janssen ein Modell vor, welches die emotionalen Berg- und Talfahrten von Teammitgliedern bei Veränderungen beschreibt. Widerstand ist eine Phase im Prozess der Veränderung. 

Sein Modell ist unter dem Namen „Haus der Veränderung“ bekannt. 

Das Haus besteht aus den folgenden vier Zimmern:

  • Zimmer der Zufriedenheit: Hier fühlen sich die Mitglieder im Team wohl. Sie sind zufrieden, genießen den Zustand und möchten das Erreichte erhalten.
  • Zimmer des Widerstands: Ein Veränderungsprozess hat begonnen. Somit gibt es für die Teammitglieder keine Tür mehr zurück in das Zimmer der Zufriedenheit. Wollen Teammitglieder an Vergangenem und Bestehendem festhalten, dann reagieren sie mit Wut, Ärger, Ablehnung und Passivität auf Veränderung.
  • Zimmer der Verwirrung: Nachdem sie sich von der Vergangenheit gelöst haben, richten sie ihren Blick in die Zukunft. Langsam werden sie offen für Neues, erkennen Möglichkeiten, aber auch Unsicherheiten. Sie machen erste Gehversuche und entwickeln neue Fähigkeiten und Einstellungen. Das ist der emotionale Wendepunkt. In dieser Phase der Veränderung suchen die Teammitglieder Orientierung. Bekommen sie diese nicht, besteht die Gefahr, dass sie sich wieder abwenden und zurück in das Zimmer des Widerstands gehen.
  • Zimmer der Erneuerung: In diesem Zimmer ist das Teammitglied ganz im Neuen angekommen. Mit Zustimmung zur Veränderung erfolgt beherztes Handeln. Leistung, Kooperation und Optimismus prägen dieses Zimmer.

Das „Haus der Veränderung“ hilft dir zu verstehen, warum manche Teammitglieder Veränderungen ablehnen und wie du sie bei Veränderungen begleiten kannst.

Modell 5: Die Stufen eines Konflikts

Wenn es erst einmal Vorwürfe und böse Worte hagelt, ist es fast unausweichlich, dass das Team zerbricht.

Damit es nicht so weit kommt, musst du die unterschiedlichen Stufen eines Konflikts im Team gut verstehen. Laut Friedrich Glasl gibt es neun Stufen in den Abgrund eines Konflikts. Jede einzelne Stufe geht mit einer immer geringeren Möglichkeit zur Selbstbeherrschung einher.

Die Stufen im Detail:

  • Stufe 1: Verhärtung
  • Stufe 2: Debatte und Polarisation
  • Stufe 3: Taten statt Worte
  • Stufe 4: Sorge um das Image
  • Stufe 5: Gesichtsverlust
  • Stufe 6: Drohstrategien
  • Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge
  • Stufe 8: Zersplitterung
  • Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund

Dieses Modell stellen wir den Scrum Mastern auch im „Professional Scrum Master - Advanced“-Training vor. Da das Modell sehr umfangreich ist, fassen wir jeweils drei Stufen zu einer Ebene zusammen.

Es ergibt sich folgendes Modell:

  • Stufen 1 – 3: Eine „Win-win“-Lösung ist noch für beide Parteien möglich.
  • Stufen 4 – 6: Nur noch eine „Win-lose“-Lösung ist möglich.
  • Stufen 7 – 9: Für beide Parteien ist nur noch eine „Lose-lose“-Lösung möglich.

Nach Marc Kaufmann, meinem Co-Trainer im Training, stellen die Übergänge der großen Stufen jeweils einen Verlust dar.

Er erklärt es folgendermaßen:

  • Von Stufe 3 auf Stufe 4 geht die Wertschätzung für den anderen verloren.
  • Von Stufe 6 auf Stufe 7 geht die Sicherheit beider Parteien verloren.

Die Stufen eines Konflikts helfen dir zu verstehen, ob es sich bei der Diskussion im Team noch um einen sachlichen Austausch handelt oder bereits um einen emotionalen Austausch oder gar um eine Auseinandersetzung, in der beide Seiten die Selbstbeherrschung verloren haben.

Suchst du nach konkreten Werkzeugen und Methoden, um Teamdynamiken zu lenken?

Dann empfehle ich dir das „Professional Scrum Master – Advanced“-Training.

Neben der Navigation von Konflikten lernst du dort noch,

  • wie du die Definition-of-Done nutzt, um Risiken in der Softwareentwicklung frühzeitig zu finden,
  • Strategien, die Product-Ownern in jeder erdenklichen Misslage helfen werden,
  • ein Vorgehen, wie du strukturiert mit jedem Stakeholder Gespräche über Veränderung führst,
  • mit welchen Metriken du den Erfolg deines Teams quantifizieren kannst
  • und noch viel mehr.

Neugierig, wie das Training abläuft? Dann wirf doch einen Blick hierauf:

Über 271 Scrum Master sind meiner Empfehlung bereits gefolgt, vielleicht lernen wir uns ja auch bald persönlich im Training kennen? Marc und ich freuen uns schon.

Bis dahin... Scrum on.

 


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