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3 mentale Modelle für Scrum Master – So führst du wirksam, auch wenn alles aus dem Ruder läuft

August 4, 2025

Warum wissen manche Scrum Master intuitiv, wann sie im Planning einschreiten und dem Team einen Vorschlag für ein gutes Sprint-Ziel machen müssen?

Warum erkennt ein Scrum Master, dass ein Daily Scrum sich ewig ziehen wird, bevor es wirklich begonnen hat, und ein anderer merkt es erst, wenn bereits eine halbe Stunde diskutiert wurde?

Und wie kommt es, dass langjährige Scrum Master ziemlich genau vorhersagen können, wie lange es dauern wird, bis ein neues Team Scrum für sich nutzen kann?

Das sind nicht einfach nur Erfahrung oder Bauchgefühl. Dahinter steckt mehr:

Wir Scrum Master nutzen mentale Modelle.

Als Scrum Master wissen wir, dass sich die Dynamiken im Team ständig verändern. Weil uns keine Zeit für detaillierte Analysen bleibt, greifen wir auf mentale Modelle zurück. Wie eine Landkarte vereinfachen sie die Wirklichkeit so weit, dass wir Situationen schnell erfassen, Muster entdecken, Entscheidungen treffen und handlungsfähig bleiben können – selbst wenn alles aus dem Ruder zu laufen scheint.

Hier drei mentale Modelle, die mir meine Arbeit als Scrum Master erheblich erleichtern:

Mentales Modell #1: „Cycle of Influence“

Worauf sollten wir uns als Scrum Master konzentrieren?

Nichts ist frustrierender als das Gefühl, für die Ergebnisse des Teams verantwortlich zu sein, gleichzeitig aber keine Kontrolle über dessen Handlungen zu haben. Als Scrum Master befinden wir uns ständig in dieser Situation.

Etwa müssen wir uns für die Velocity des Teams rechtfertigen, haben aber keine formale Befugnis, die Zusammensetzung des Teams zu ändern. Die Entwickler wollen die ganze Woche aus dem Homeoffice arbeiten, aber im Unternehmen gilt eine Anwesenheitspflicht von drei Tagen pro Woche. Das Team in München braucht unbedingt einen weiteren Designer, aber der HR-Manager ist nicht bereit, den Gehaltsvorstellungen der Kandidaten aus München entgegenzukommen.

Kennst du solche Situationen?

Dann hilft dir das mentale Modell des „Cycle of Influence“. Befindest du dich das nächste Mal in einer solchen Situation, dann unterteile alle Faktoren und äußeren Einflüsse in drei Bereiche:

  1. Kreis der Kontrolle
  2. Kreis des Einflusses
  3. Kreis der Bedenken

Und dann? Konzentriere dich auf die ersten beiden Bereiche und ignoriere den dritten.

Somit hilft dir der „Cycle of Influence“, deine Arbeit dort zu konzentrieren, wo sie etwas bewirken kann.

Mentales Modell #2: Groan Zone

Als Scrum Master kennst du bestimmt folgende Aussagen aus deinen Retrospektiven:

  • „Wir verschwenden unsere Zeit hier.“
  • „Wir drehen uns im Kreis!“
  • „Ich dachte, wir wären uns einig, dass wir beim Thema bleiben wollen.“
  • „Wir benötigen bessere Meeting-Regeln.“
  • „Versteht noch jemand, was hier eigentlich los ist?“

Diese Aussagen zeigen, dass sich die Diskussion im Kreis dreht. Zwischen den Teammitgliedern scheint es zu knirschen. Die Diskussion steckt in der Groan Zone fest.

Das mentale Modell der Groan Zone hilft dir zu verstehen, in welcher Phase einer Retrospektive wir uns befinden:

  • Die Anfangsphase: Hier werden von den Teammitgliedern Alternativen generiert, verschiedene Perspektiven gesammelt und es wird frei diskutiert.
  • Die Groan Zone: Einige Mitglieder des Teams brainstormen noch Alternativen, während der Rest sich bereits in der Endphase befindet.
  • Die Endphase: Hier werden die Alternativen bewertet, wichtige Punkte zusammengefasst, Ideen sortiert oder kategorisiert und Lösungen beurteilt.

Das Modell der Groan Zone hilft dir, auch in schwierigen Retrospektiven einen kühlen Kopf zu bewahren, weil du passende Methoden wählen kannst, um das Team in die Endphase der Retrospektive zu begleiten.

Wenn du hierzu weitere Methoden und Werkzeuge kennenlernen und ausprobieren willst, dann findest du diese im „Professional Scrum Facilitation Skills“-Training.

Mentales Modell #3: Haus der Veränderung

Agilität bedeutet, Veränderung als Wettbewerbsvorteil zu nutzen.

Allerdings bedeutet das auch, dass sich die Teammitglieder ständig verändern müssen. Und sind wir mal ehrlich: Niemand will sich ständig ändern müssen. Deshalb trifft der notwendige Wandel häufig auf Widerstand.

Das „Haus der Veränderung“ nach Claes Janssen gibt dir eine Landkarte an die Hand, die diese emotionalen Berg- und Talfahrten von Teammitgliedern bei Veränderungen beschreibt. Das Haus besteht aus den folgenden vier Zimmern:

  • Zimmer der Zufriedenheit: Hier fühlen sich die Teammitglieder wohl und möchten den Ist-Zustand bewahren.
  • Zimmer des Widerstands: Die Veränderung löst Ablehnung, Wut oder Passivität aus.
  • Zimmer der Verwirrung: Erste Offenheit für Neues trifft auf Unsicherheit und Orientierungsbedarf.
  • Zimmer der Erneuerung: Die Veränderung wird angenommen und mit Zuversicht umgesetzt.

Das „Haus der Veränderung“ zeigt dir, dass Widerstand eine Phase im Prozess der Veränderung ist, und gibt dir Anhaltspunkte, wie du dein Team durch die Phasen begleiten kannst.

Bonus: Das Modell der Entropie

Wann wird ein Scrum Master überflüssig?

Niemals. Und das sage ich jetzt nicht, weil ich Professional Scrum Trainer bin. Sondern, weil es eine verblüffend einfache physikalische Erklärung dafür gibt.

Dieses mentale Modell lehrt uns, dass ohne kontinuierliche Energiezufuhr die Dinge auseinanderfallen. Dieses Gesetz der Physik gilt für Scrum Teams genauso wie für das Universum.

Viele Unternehmen erwarten, dass einmal eingeführte Methoden und Praktiken für immer reibungslos funktionieren werden. Sie sehen die Aufgabe des Scrum Masters nur darin, die Einführung zu übernehmen und sich dadurch überflüssig zu machen. Doch das Gesetz der Entropie lehrt uns, dass Unordnung der Standardzustand ist. Soll heißen: Ohne ständige Aufmerksamkeit verschlechtern sich selbst die am besten konzipierten Prozesse.

Kurz gesagt: Großartige Teamleistungen erfordern einen kontinuierlichen Energieeinsatz. So funktioniert die Natur nun mal.a

Das Modell der Entropie zeigt dir als Scrum Master, dass deine Aufgabe darin besteht, diese Leistung aufrechtzuerhalten.

Deshalb sind

  • das unaufhörliche Erklären des Scrum Frameworks,
  • das regelmäßige Facilitieren der Scrum Events,
  • das kontinuierliche Nachverfolgen von Retrospektiven-Verbesserungen und
  • die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Working-Agreements

nicht irgendwann überflüssig, sondern stets notwendig.

Zusammengefasst:

  • Mentale Modelle beeinflussen, was wir in Situationen wahrnehmen und wie wir es interpretieren.
  • Mentale Modelle können unsere Vorhersagen erleichtern.
  • Je besser unsere mentalen Modelle sind, desto schneller können wir als Scrum Master in schwierigen Situationen entscheiden, wie wir am besten handeln.

Willst du noch weitere Modelle kennenlernen, die dir deine Arbeit als Scrum Master erleichtern? Dann empfehle ich dir den Besuch unseres „Professional Scrum Master – Advanced“-Trainings.

Über 270 Scrum Master sind Marcs und meiner Empfehlung bereits gefolgt, haben sich das Professional-Scrum-Master-II-Zertifikat gesichert und sind den nächsten Schritt in ihrer Karriere gegangen.

Noch unsicher, ob das Training zu dir passt?

Dann wirf einen Blick auf dieses Video – es gibt dir einen guten Einblick, was dich erwartet:


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