Viele Scrum Master fragen sich irgendwann:
„Wie geht es eigentlich weiter mit meiner Karriere?“
Die gute Nachricht:
Es gibt nicht den einen Karriereweg. Vielmehr stehen dir als Scrum Master mehrere Optionen offen – je nachdem, welche Stärken du mitbringst, was dich interessiert und wie du wirksam sein möchtest.
Die schlechte Nachricht:
Viele dieser Karriereoptionen sind noch wenig bekannt.
In diesem Artikel möchte ich deshalb vier der am weitesten verbreiteten Karrieremöglichkeiten vorstellen.
Aber bevor wir zur Vorstellung kommen, beginnen wir mit dieser Frage:
Warum gibt es überhaupt unterschiedliche Karrieren für Scrum Master?
Scrum Master haben einen klaren Auftrag:
Der Scrum Master ist verantwortlich für die Einführung und Etablierung von Scrum im Unternehmen. Dabei unterstützt er nicht nur die Scrum Teams, sondern auch die gesamte Organisation dabei, die Prinzipien agiler Zusammenarbeit zu verstehen und umzusetzen.
Dies findet meist im Rahmen einer agilen Transformation statt und davon versprechen sich Unternehmen Folgendes:
- Versprechen #1: Regelmäßig neue Software in weniger als zwei Wochen liefern
- Versprechen #2: Den Wert für die Nutzer des Produkts maximieren
- Versprechen #3: Veränderung als Chance sehen und sie nutzen
Das bedeutet aber nicht, dass Karrieren von Scrum Mastern ähnlich geradlinig verlaufen wie die Transformation des Unternehmens: erst Junior Scrum Master, dann Senior Scrum Master und zum Schluss Lead Scrum Master.
Ich habe über die letzten 10 Jahre eher beobachtet, dass die Karrierepfade, die Scrum Master einschlagen, sehr unterschiedlich sein können und stark vom Unternehmen abhängig sind.
Hier die 4 am weitesten verbreiteten Pfade in der Übersicht:
Pfad 1: Interner Scrum Master & Agile Coach
Viele Scrum Master vertiefen ihre Rolle im Unternehmen. Sie arbeiten nicht nur mit einem einzelnen Team, sondern begleiten mehrere Teams oder sogar ganze Bereiche. Dabei verändert sich ihr Fokus:
- Stärkere Rolle in der Moderation und Facilitation
- Fokus auf Teamdynamiken und Konfliktbearbeitung
- Coaching einzelner Teammitglieder und Gruppen
- Wirkung als Change Agent im Unternehmen
- Arbeit mit Stakeholdern und Management
- Nutzung von evidenzbasiertem Management (EBM)
Typisch für diesen Pfad:
Sie bleiben im Unternehmen, vertiefen ihre Facilitation-, Coaching- und Konfliktmanagement-Fähigkeiten und erhöhen damit ihre Wirksamkeit im Unternehmen.
Nicht immer sind Scrum Master jedoch fest im Unternehmen angestellt:
Pfad 2: Externer Agile Coach oder Agiler Berater
Manche Scrum Master zieht es in die Selbstständigkeit oder in Beratungsunternehmen. Als externe Agile Coaches unterstützen sie Organisationen bei größeren Veränderungsprozessen:
- Begleitung von Scrum Einführungen
- Prozessdiagnose und -optimierung
- Coaching von Teams, Scrum Mastern und Führungskräften
- Mentoring agiler Rollen
- strategische Beratung des Managements
- Entwicklung individueller Entwicklungs- und Lernpfade
Typisch für diesen Pfad:
Sie arbeiten projektbezogen, bringen frische Perspektiven in verschiedene Organisationen und kombinieren ihr fachliches Wissen mit Beratungsleistungen. Somit liegt ihre Wirksamkeit in der fachlichen Beratung.
Neben Internen und Externen gibt es noch einen weiteren Pfad:
Pfad 3: (Agile) Führungskraft
Ein dritter Pfad führt Scrum Master in disziplinarische Führungspositionen. Dabei helfen ihnen Coaching- und Moderationsskills, Teams wirksam zu führen, ohne in alte „Command and Control“-Muster zu verfallen:
- Aufbau und Entwicklung agiler Teams
- Konfliktnavigation und Feedbackkultur
- Einstellungsgespräche und Performance-Reviews
- Stakeholder-Kommunikation
- Delegation und Entscheidungsfindung
- Einsatz von EBM zur Wirksamkeitsmessung
Typisch für diesen Pfad:
Diese Scrum Master übernehmen Verantwortung für Menschen, helfen ihnen, sich weiterzuentwickeln, und verwandeln damit Organisationen in agilere Organisationen.
Zuletzt noch der 4. Pfad. Dieser steht für unterschiedliche Spezialisierungen, etwa Moderator, Mediator oder Business-Coach.
Ich stelle dir exemplarisch die Spezialisierung des „Scrum Trainers“ vor, da ich damit am meisten Erfahrung habe.
Pfad 4: Scrum Trainer
Scrum Master, die gerne lehren, Kursmaterialien entwickeln und ihr Wissen öffentlich teilen, entwickeln sich häufig in Richtung Trainer. Neben dem fachlichen Wissen ist hier noch von Bedeutung:
- Durchführung von Scrum Trainings
- Entwicklung eigener Schulungsformate
- Aufbau einer Trainer-Marke (z. B. als PST bei Scrum.org)
- Storytelling, Visualisierung, Didaktik
- Vertrieb und Kundenkommunikation
Typisch für diesen Pfad:
Diese Scrum Master geben ihre Erfahrung und ihr Wissen weiter, entwickeln andere Scrum Master damit fachlich weiter und tragen zur Entwicklung der Scrum Community bei.
Die unausweichliche Frage:
Welchen Pfad solltest du wählen?
Vorab ein Hinweis:
Ich bin kein Karriereberater. Wenn ich dir eine Empfehlung ausspreche, dann beruht sie rein auf meiner Erfahrung. Bitte nutze deinen gesunden Menschenverstand, um zu bewerten, wie sehr du der Empfehlung vertraust.
Diese vier Pfade sind nicht abschließend und auch nicht strikt voneinander getrennt. Viele Scrum Master kombinieren Elemente aus verschiedenen Wegen. Somit gibt es nicht den „richtigen“ oder „falschen“ Pfad. Wichtig ist, dass du deinen Weg aktiv gestaltest und regelmäßig reflektierst, wie wohl du dich damit fühlst.
Aus meiner Sicht gibt es drei Kriterien, die dir bei deiner Entscheidung helfen können:
- Wirksamkeit
- Gehalt
- Interesse
Wie ich die Wirksamkeit und das Gehalt einschätze, habe ich dir in diesem Schaubild gegenübergestellt:
Um dein Interesse zu erkennen, lade ich dich ein, dir diese Fragen zu stellen:
- Worin gehst du auf?
- Was gibt dir Energie?
- Wofür bekommst du positives Feedback?
- In welchem Umfeld kannst du wachsen?
Unabhängig davon, für welchen Pfad du dich entscheidest, hier noch einige Tipps:
Zum Abschluss: Praktische Tipps für deine Karriereplanung:
- Selbstbild klären: Welche Stärken bringst du mit? Was macht dich als Scrum Master besonders?
- Feedback einholen: Wie erleben dich Teams, Kollegen und Stakeholder?
- Netzwerk pflegen: Vernetze dich mit anderen Scrum Mastern, besuche Meet-ups und Konferenzen.
- Gezielt lernen: Wähle Schulungen, die zu deinem nächsten Entwicklungsschritt passen.
- Rolle aktiv gestalten: Auch ohne neuen Titel kannst du in deiner aktuellen Rolle wachsen.
Dabei ist eines sicher:
Scrum Master zu sein ist kein Job. Es ist eine Reise.
Ob als interner Coach, externer Berater, Führungskraft oder Trainer: Dein Weg als Scrum Master beginnt mit der Kenntnis deiner eigenen Stärken und dem Mut, neue Schritte zu gehen.
Willst du noch mehr über die unterschiedlichen Karrierepfade erfahren?
Dann empfehle ich dir diesen Webcast von Scrum.org.
Dort beschreiben Marc und ich die Pfade im Detail und teilen unsere Erfahrungen aus über 30 Jahren, die wir zusammengenommen schon in den Rollen Scrum Master, Agile Coach, Berater, Scrum Trainer, Professional Coach und disziplinarische Führungskraft tätig sind.
Hier geht es zum Webcast: