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Working Agreements – wie du das Geheimnis hochperformanter Teams nutzt

August 4, 2022

Effektiv arbeitende Teams erwecken den Anschein, dass sich die Teammitglieder blind verstehen.

Das liegt nicht daran, dass die Teammitglieder auf telepathischem Weg kommunizieren, sondern daran, dass sie gelernt haben, was sie voneinander erwarten können. Eine Grundlage für eine hochperformante Arbeitsweise stellen Working Agreements dar. Sie machen explizit, was es bedeutet, sich wie blind zu verstehen.

Wenn du dies erkennst, kannst du Working Agreements erfolgreich einsetzen. Du hast gewissermaßen eine Abkürzung zu besserer Teamleistung gefunden. 

Scrum bietet dir dann viele Möglichkeiten, Working Agreements einzusetzen. Das prominenteste Beispiel stellt die Definition of Done dar. Diese Vereinbarung beantwortet die Frage: „Wie wird unser Team sicherstellen, dass wir unseren Nutzern in jedem Sprint ein qualitativ hochwertiges Inkrement liefern können?“ 

Weitere Vereinbarungen können umfassen: 

  • Wie geht das Team mit Diskussionen in der Sprint Retrospektive um?
  • Was können Stakeholder und Teammitglieder im Sprint Review voneinander erwarten?
  • Wie arbeitet das Team im Sprint zusammen?
  • Wie gehen wir mit Konflikten im Team um?

Der häufigste Fehler: Arbeitsprozesse sind nicht transparent

Bei unerfahrenen Agilen Coaches beobachte ich immer wieder diesen Fehler: Sie versäumen es, ihrem Team zu helfen, die Arbeitsprozesse transparent zu machen.

Die Auswirkungen davon kennen wir alle:

  • Es dauert sehr lange, bis neue Teammitglieder aktiv mitarbeiten können, wenn die Arbeitsabläufe nicht dokumentiert sind.
  • Ist nicht festgelegt, wie die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte aussehen, können Mitglieder im Team nicht die Arbeit von anderen übernehmen.
  • In der Sprint Retrospektive können keine wirksamen Verbesserungen identifiziert werden, wenn der Arbeitsprozess nicht transparent ist.

Diese Auswirkungen wurden mittlerweile wissenschaftlich untermauert. Im Jahr 2016 führten Butchibabu und ihre Kollegen ein Experiment mit 13 Teams zur Teamleistung durch. Dabei fanden sie Folgendes heraus: Kommunizieren Teammitglieder bei der Arbeit ihre Ziele, hat dies eine positive Auswirkung auf die Teamleistung. Ein Beispiel: „Ich habe gerade diesen Product-Backlog-Eintrag abgeschlossen und werde jetzt mit der Arbeit an diesem neuen Eintrag beginnen.“ Dieser einfache Satz stellt eine gute Gelegenheit für andere dar, ihre Arbeit zu synchronisieren. Natürlich muss diese Kommunikation nicht verbal erfolgen. Es kann ausreichen, ein Element auf dem Scrum-Board auf „erledigt“ zu verschieben und ein neues „in Bearbeitung“ zu nehmen. 

Wichtig für uns – die Teams zu mehr Effektivität verhelfen wollen – ist nur, dass der Arbeitsprozess dadurch explizit gemacht wird. Working Agreements helfen uns dabei, indem sie die Art und Weise festhalten, wie das Team zusammenarbeitet. Erst wenn die Arbeitsweise transparent ist, können wir dem Team helfen, wirkungsvolle Verbesserungen daran vorzunehmen. 

Schrittweise Anleitung zur Erstellung von Working Agreements

Im Folgenden stelle ich dir eine schrittweise Anleitung vor, wie du die Erstellung von Arbeitsvereinbarungen anleiten kannst. 

Damit unterstützt du dein Team dabei, die Abkürzung zu effektiver Zusammenarbeit zu nehmen. Gleichzeitig begehst du nicht einen häufigsten Fehler, welchen unerfahrene Agile Coaches hier machen würden. 

Die Anleitung besteht aus sechs einfachen Schritten. Für diese Schritte habe ich einen Workshop als Beispiel gewählt. Diesen Workshop habe ich vor einigen Wochen geleitet. Damit möchte ich dir zeigen, dass die Erstellung von Working Agreements nicht viel Zeit in Anspruch nimmt. 

  1. Wir beginnen mit der Einladung: „Jeder notiert, was er tun könnte, damit der Workshop garantiert ein Desaster werden wird. Bitte notiert jedes Verhalten auf einer separaten Sticky-Note.“
  2. Bitte nun die Teilnehmer, die ähnlichen Notizen zu gruppieren und jeder Gruppe ein Thema zuzuordnen.Professional Scrum Facilitation Training Simon Flossmann

     

  3. „Nachdem wir herausgefunden haben, was wir nicht tun sollten, schauen wir uns jetzt an, was wir tun sollten, damit dieser Workshop zu einem großartigen Erlebnis für alle wird. Bitte notiert jedes Verhalten wieder auf einer separaten Sticky-Note.“
  4. Bitte abermals die Teilnehmer, die verwandten Notizen zu gruppieren und jeder Gruppe ein Thema zuzuordnen.Professional Scrum Facilitation Training Simon Flossmann

     

  5. Um einen Konsens zu erreichen, bitte die Gruppe, eine römische Abstimmung durchzuführen. „Wer zustimmt, dass wir diese Verhaltensregeln befolgen sollten, damit der Workshop für alle ein großartiges Erlebnis wird, der hebt bitte seinen Daumen nach oben. Wer dem nicht zustimmen kann, der streckt seinen Daumen nach unten.“
  6. Sollten Teilnehmer den Vorschlag ablehnen, dann bitte sie, das Verhalten aus der Liste zu entfernen, was sie nicht befolgen können. Im Anschluss führst du Schritt 5 erneut durch. Wiederhole dies so lange, bis ein minimaler Satz an Verhaltensregeln gefunden wurde, welchen alle befolgen wollen.

Bei den Working Agreements auf den Bildern handelt es sich um Arbeitsvereinbarungen, die wir im Rahmen des „Professional Scrum Facilitation Skills“-Trainings erstellt haben. Die Erstellung hat etwa 30 Minuten beansprucht. Allerdings haben wir in dieser Zeit auch diese beiden Themen besprochen: 

  • Wie sollen wir damit umgehen, wenn Teilnehmer ihre Kamera nicht einschalten wollen?
  • Wie sollen wir das 6-schrittige Vorgehen anpassen, wenn die Gruppe mehr als 8 Personen umfasst?

Erklärungen und Tipps zu den einzelnen Schritten

  • Der Schritt 1 erscheint dir vielleicht auf Anhieb überflüssig. In meiner über 8-jährigen Erfahrung mit Teams habe ich aber gelernt, dass er das nicht ist. Manche Menschen fühlen sich beim Brainstorming in einer Gruppe erst mal unwohl. Schritt 1 trägt zur Entspannung bei, stärkt das Selbstvertrauen und erhöht die Kreativität.
  • Die Schritte 2 und 4 helfen, die Vielzahl der Resultate des vorangegangenen Schritts zu verdichten. Bei vielen Antworten auf Post-its ist dieser Schritt unumgänglich, um einen ausreichenden Überblick zu schaffen, damit die Abstimmung in Schritt 5 gelingen kann.
  • Einen häufigen Fehler beobachte ich in der Umsetzung der Schritte 5 und 6: Hierbei geht es nicht darum, die perfekten Arbeitsbedingungen zu definieren. Es geht lediglich darum, eine Grundlage zu schaffen, der alle zustimmen können. Letzteres ermöglicht uns schnellstmöglich mit der eigentlichen Arbeit zu beginnen. Die Arbeitsvereinbarung können wir dann schrittweise verbessern, wenn wir Neues über die Art und Weise, wie wir arbeiten, gelernt haben.
  • Zum Schluss noch ein kleiner Kniff: Sollte es den Teilnehmern schwerfallen, wünschenswerte Verhaltensweisen zu finden, dann bitte sie, das Gegenteil des unerwünschten Verhaltens zu benennen. Dieser Kniff entfesselt die Kreativität der Gruppe auf natürliche Weise.

Die Facilitierung von Working-Agreements-Workshops gehört zum grundlegenden Werkzeug eines jeden Agilen Coaches. Wenn du sie beherrschst, hilfst du deinem Team, eine Abkürzung auf seinem Weg zu einem hochperformanten Team zu nehmen. Dies stellt für mich immer noch ein gut gehütetes Geheimnis dar, da sich viele Agile Coaches dieser Tatsache nicht bewusst sind.

Ich habe dieses Geheimnis mit dir geteilt in der Hoffnung, dass du es gewinnbringend in deiner Arbeit mit Teams nutzen wirst. 

 


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